Sommerabend auf Nikolskoe am 09. Juli 2025
Lesung von Burghart Klaußner
Der Schauspieler, Sänger und Autor las aus seinem Roman:
VOR DEM ANFANG
Auch in der dem Freundeskreis bisher unbekannten Rolle als Autor wusste der aus Theater, Film und Fernsehen überaus bekannte Schauspieler, Hörbuchsprecher und Sänger Burghart Klaußner schnell zu überzeugen. Die Vorsitzende Anne-Ruth Moltmann-Willisch erinnerte in ihrer herzlichen Begrüßung an seine prägenden Charakter-Rollen u.a. als Dorfrichter Adam in „Der zerbrochene Krug“, als Dorfpfarrer in „Das weiße Band“ und als Generalstaatsanwalt in „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Im letzten Monat rezitierte er Goethes Faust sogar in einem Singspiel beim Leipziger Bach-Fest. In der dicht besetzten Kirche verriet Klaußner vor der Lesung im kurzen Gespräch mit Klaus Bräunig, dass ihm Nikolskoe und Wannsee als seine „Heimat“ seit seiner frühen Berliner Kindheit vertraut geblieben und wie gern er wieder einmal hierhergekommen ist. Berlin dagegen hat sich für ihn nicht zu seinem Vorteil entwickelt. Er frozzelte über sich selbst entspannt humorvoll als einen Besserwisser, aber in Hamburg, wo er lebt, habe die „Unsitte, alles besser wissen zu wollen, noch nicht Einzug gehalten“, Hamburg habe ihn ein Stück besser gemacht. Zum Schreiben hat ihn u.a. auch der persönliche Austausch mit dem Juristen und Schriftsteller Ferdinand von Schirach gebracht, die Welt wie unter einem Mikroskop ganz auseinander zu nehmen und manches auch aus der Vergangenheit festzuhalten, wenn die (Lebens-) Zeit schon immer kürzer wird, die vor uns liegt. In seinem neuen autobiografisch motivierten Roman, an dem er arbeitet, soll dennoch Hans, nicht Burghart, die Hauptrolle spielen.
Zur Lesung trat er an die Kanzel mit den Worten, schon mit 9 Jahren wollte er Schauspieler werden oder Pfarrer – beides liege ja nicht so weit auseinander. Die beiden unechten Helden seines kraftvollen Debüt-Romans „Über das Ende der Welt und die Hoffnung auf einen neuen Anfang“, Fritz und Schulz, erhalten in den letzten Kriegstagen, am 23. April 1945, den Auftrag, die Geldkassette ihrer Einheit ins Reichsluftfahrtmuseum zu bringen. Klaußner las aus der daran anschließenden Passage. Mit seiner Schauspiel-Sprechkunst gelang ihm eine hohe Spannung beim Publikum aufzubauen, wie Fritz, wieder zurück am Wannsee, sich todesmutig selbstbewusst mit seinem Marschbefehl einer der letzten Wehrmacht-Einheiten auf der Pfaueninsel erwehrt, sich dann ebenso wie diese vor den nahenden Russen am Ufer verbergen muss und dabei über seine Liebe und sein Leben träumt, bevor er ein gut verstecktes, ihn rettendes Boot entdeckt. Es ist keineswegs der Regelfall, dass glänzende Autoren ihr Werk auch überzeugend lesen. Burghart Klaußner ist so ein Glücksfall, dem zurecht langanhaltender Beifall in St. Peter & Paul vergönnt war, bevor er sich noch viel Zeit nahm, um beim traditionellen Ausklang auf dem Vorplatz mit vielen der begeisterten Zuhörer ins Gespräch zu kommen. In seiner völlig unbekannten Rolle als Autofan trat er schließlich mit einem wunderbar erhaltenen Pontiac-Oldtimer seine Heimreise an.
Text: Klaus Bräunig Fotos: Almut Giessen, Sabine Diesselhorst










