Vom Barock bis zur Moderne
Orgelkonzert mit Mirlan Kasymaliev am 22. Mai 2025
Hätte es einen fulminanteren Einstand als Organist in Wannsee und auf Nikolskoe geben können als mit diesem meisterlichen ersten Orgelkonzert in unserer Kirche St. Peter & Paul? Die Freundeskreis-Vorsitzende Anne-Ruth Moltmann-Willisch machte bereits mit ihrer Begrüßung und persönlichen Vorstellung des aus Kirgistan stammenden neuen Organisten Mirlan Kasymaliev neugierig, der sein Konzertdiplom in den Fächern Klavier und Orgel 1997/98 am Staatlichen Konservatorium in Kazan / Russland ebenso mit Auszeichnung abschloss wie 2004 das Konzert-Examen an der Universität der Künste Berlin (UdK) als Schüler von Prof. Leo von Doeselar. Neugierig im besten Sinne saßen in der bis in die letzte Reihe vollbesetzten Kirche nicht nur bisherige „Fans“ aus Neu-Westend, wo Kasymaliev vor seinem Start im April auf Nikolskoe mehr als zwei Jahrzehnte als Organist der ev. Kirche wirkte, sondern mit diesem Konzert vor allem neu gewonnene aus Wannsee und Nikolskoe. Kasymaliev engagiert sich auch als Mitbegründer des Musikprojektes „Die jüdische Musikreihe für Liebhaber & Neugierige“ (KOL Jüdische Musik beleben und erleben e.V.), spielt europaweit mit verschiedenen Ensembles und gibt Solokonzerte (https://www.kasymaliev.de). So hatte er denn auch keine Mühe, sein Können und seine Musikalität an der „Königin der Instrumente“ unter Beweis zu stellen und die in ihrem Grundbestand älteste Orgel an Ort und Stelle Berlins zur Höchstleistung zu bringen – von wunderbar flötenden Höhen bis zu vollem Volumen gefühlt aller ihrer Orgel-Pfeifen. Er stellte mit herrlichen Klängen nicht allein sich persönlich und seine Professionalität vor, sondern die konzertant bisher wenig geforderte Akustik unseres preußisch-russischen Kleinods. Folgerichtig titelte er „Vom Barock bis zur Moderne“ sein Konzert-Programm, in das er die sehr rasch beeindruckten Zuhörer selbst einführte, beginnend mit dem H-Moll-Orgelkonzert von J.G. Walther, eines entfernten Vetters J.S. Bachs. Wegen dessen Genialität bleibt Bach für Kasymaliev das Ideal aller Organisten. Er ließ Bachs Fantasie G-Dur BWV 572 folgen, genannt „Pièce d`Orgue“, die gleich am Anfang mit einer einstimmigen Melodielinie als Manual-Solo im zwölf-Achtel-Takt überraschte und in einer fast triumphierenden Schlusskadenz endete. Mit der schönsten Fassung von Martin Luthers Lied „Vater unser im Himmelreich“ in D-Moll, dem Lieblingsstück seines Komponisten G. Böhm, bot Kasymaliev dann „ruhige und ehrlich“ genannte Musik vor F. Mendelssohn-Bartholdys Andante in D-Dur. Auch mit seinem Zeit-Sprung in die „Neue Einfachheit“ des dreistimmigen „Trivium“ (1976) von Arvo Pärt, für Kasymaliev ein Minimalist und mit 90 Jahren weiter komponierend, hielt er die Zuhörer in Bann. Die Romantik des 20. Jahrhunderts vertrat der Bostoner US-Organist und Komponist Everett Ellsworth Truette (1861-1933) mit dem NoonSong / Mittagslied „Interlude“, bevor die „Suite Gothique“ op. 25 des französischen Spätromantikers Leon Boéllmann, 1895 komponiert für die Einweihung der Pfarrkirche von Notre Dame in Dijon, begeisterten Konzert-Applaus zuließ und das Programm beschloss – noch nicht ganz, denn Mirlan Kasymaliev endete erst nach zwei Zugaben des US-Amerikaners Gordon Ellsworth Young (1919-1998) und Bachs „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ BWV 93. Ja, so lasse er es weiter walten! Nach diesem tollen Einstand von Mirlan Kasymaliev und St. Peter & Paul auch als Konzerthaus-Kirche freuen wir uns sehr auf weitere wunderbare Musik-events mit unseren neuen Organisten!
Mit ihrem herzlichen Aufruf, auch diese Aktivitäten zu Erhalt und Leben von St. Peter & Paul mit Ihren Spenden zu unterstützen (Kontonummer siehe Website), lud die Vorsitzende zu Umtrunk und Ausklang mit dem gewohnt herrlichen Blick auf Havel und Wannsee in der ungewohnt Frühlings-kühlen Abendstimmung ein.
Text Klaus Bräunig
Fotos Anne-Ruth Moltmann-Willisch, Sabine Diesselhorst, Klaus Bräunig