Spaziergang durch drei Jahrhunderte / März 2022

Spaziergang durch drei Jahrhunderte von der Glienicker Brücke zum Schloss Cecilienhof

Den Ein-Mann-Bunker, die Matrosenstation Kongsnaes, die Borkenküche und weitere Entdeckungen erkundete der Freundeskreis Nikolskoe auf seinem weiteren Spaziergang zum Winterausklang am 12. März 2022 – bei frühlingsstarker Sonne, von keinem Wölkchen getrübten blauem Himmel und unter wieder launig-entspannt-sachkundiger Führung von Helen Eichhorn. Von der 1907 eingeweihten vierten Brücke über die Havel zwischen Berlin-Wannsee und der Potsdamer Vorstadt in ihren beiden DDR- und BRD- grünen Farbtönen weiteten sich die Blicke über das Wasser u.a. zum Park Babelsberg, dem Jagdschloss Glienicke, zum Neuen Garten und zurück zum Schloss Glienicke, über dem sich St. Peter und Paul auf Nikolskoe gut erahnen lässt. Vielfältiger Historie widmeten sich die Erzählungen zur nicht allein wegen des Austauschs von Agenten geschichtsträchtigen „Brücke der Einheit“. 1835 transportierte diese Wasserstraße unter ihr die Fracht eines Löwen, von Ameisenbären und Affen auf dem Schiff zur Pfaueninsel – begleitet von den Preußenprinzen Carl und Wilhelm. Der Weg des Freundeskreises führte vorbei an der Villa Schöning des preußischen Hofmarschalls, die von ihren nachfolgenden Besitzern besonders an Paul Wallich erinnert, der nach der Reichsprogromnacht 1938 den Freitod wählte. In Nachbars Garten frappiert die Spaziergänger ein massiver Ein-Mann-Bunker – Historiker rätseln über diese Splitterschutzzellen. Entlang der weiteren Vorstadt-Anwesen der Schwanenallee ranken sich Potsdamer Auseinandersetzungen um die Nutzung des Geländes zum Jungfernsee hin bis zur wieder aufgebauten Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnaes, ursprünglich preußische Anlegestation im norwegischen Drachenstil für Lustfahrten auf der Havel. Im anschließenden Neuen Garten beeindruckt auch die lange Sichtachse zwischen Marmorpalais und Pfaueninsel, bevor auf der Landzunge „Am Quapphorn“ die -mit Eichenborke verkleidet- wieder erstandene Emeritage (“ Borkenhäuschen“) von 1796 den früheren DDR-Wachturm längst hat vergessen lassen. Hier eröffnen sich Rundumsichten auf die Meierei, den Gelben (Wach-)Turm bis zur Sacrower Heilandskirche. Nur wenige Schritte sind es dann noch bis zum Ziel-Ort von Geschichten und Anekdoten der Potsdamer Konferenz 1945: Schloss Cecilienhof und seiner Borkenküche. Auf dem direkten Weg zurück lädt die Matrosenstation Kongsnaes zur angeregten Nachlese dieses erfüllten Spaziergangs beim Kaffee ein – Corona-gerecht auf der sonnigen Terrasse. Und wer sich das hat entgehen lassen, der darf auf den Spaziergang im Herbst schon jetzt neugierig sein.

Text: Klaus Bräunig
Fotos copyright: Dr. Barabara Veh-Schmidt